Pressemitteilung Nr. 204 vom 17.07.12"Urban
Farming": Grüne Oasen in der Großstadt
Bundesministerin Aigner besucht Landwirtschaftsprojekte in
Berlin
Das Interesse der Verbraucher an der Landwirtschaft und der
Lebensmittelproduktion wächst. Ein Anzeichen dafür
ist die steigende Zahl landwirtschaftlicher Projekte in Städten.
Bundesministerin Ilse Aigner besuchte das Allmende-Kontor
auf dem Tempelhofer Feld (ehemals Flughafen), Quelle: Bundesregierung
/ Steffen Kugler
"Urban Farming" heißt der Trend, dem immer
mehr Großstädter rund um den Globus folgen und
die Landwirtschaft neu für sich entdecken. "Auf
Dächern, in Hinterhöfen oder Parks - in vielen Großstädten
werden auch auf den kleinsten und ungewöhnlichsten Freiflächen
Obst und Gemüse angebaut. Immer mehr Menschen entdecken
mitten in der Stadt die Lust am Landleben und bekommen dadurch
einen neuen Bezug zur Produktion von Lebensmitteln",
so Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Sie besuchte am Dienstag
in Berlin zwei engagierte landwirtschaftliche Projekte, um
sich ein Bild von der neuen Bewegung und neuen Innovationen
zu machen.
Quelle: Bundesregierung / Steffen Kugler
Das "Allmende Kontor" ist ein Gartenprojekt auf
dem ehemaligen Flugfeld Tempelhof. In einem Gemeinschaftsgarten
ziehen mehr als 700 Freizeitgärtner in über 300
Beeten Obst, Gemüse und Blumen. Noch im Aufbau befindet
sich eine "Berliner Saatgutbank", die sich aus den
Gemeinschaftsgärten speisen soll. Darüber hinaus
versteht sich das Allmende Kontor als Anlauf- und Vernetzungsstelle
für bestehende und neue Initiativen des gemeinschaftlichen
Gärtnerns und der urbanen Landwirtschaft in Berlin. "Wo
früher Flugzeuge landeten, wachsen heute Tomaten, Gurken
und Zucchini. Das Allmende Kontor ist ein gutes Beispiel dafür,
wie man Brachflächen in der Stadt wieder sinnvoll nutzen
kann - und das Projekt macht Lust aufs Gärtnern",
sagte Aigner.
Während das Allmende Kontor in Berlin-Tempelhof auf kleine
Einheiten und Selbstversorger setzt, plant das junge Start-Up-Unternehmen
"Efficient City Farming (ECF)" urbane Landwirtschaft
im großen Stil: Auf dem Gelände der alten Malzfabrik
in Berlin-Schöneberg sollen bald große Mengen Fisch
und Gemüse weitestgehend CO2-neutral in einer Kreislaufwirtschaft
produziert werden. Beim sogenannten Aquaponic-Verfahren werden
Aquakulturen mit Pflanzenzucht im Wasser kombiniert. Die Stoffwechselprodukte
der Fische werden dabei in Nitrat umgewandelt, das wiederum
als Dünger für die Pflanzen dient. Was derzeit noch
auf einen Schaucontainer mit 200 Buntbarschen und 100 Gemüsepflanzen
begrenzt ist, soll bald in einer rund 1.000 Quadratmeter großen
Stadtfarm umgesetzt werden. Darüber hinaus haben die
Gründer Nicolas Leschke, Karoline vom Böckel und
Christian Echternacht ein Konzept erarbeitet, wonach die Malzfabrik
die alten Brauereibecken und eines der Dächer der Fabrik
in eine 7.000 Quadratmeter große Dachfarm umwandeln
könnte. Das in allen ECF-Farmen zum Einsatz kommende
Aquaponic-Verfahren "ASTAFpro" ist eine patentierte
Entwicklung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie
und Binnenfischerei Berlin. "Konzepte wie die Dachfarm
sind interessant, denn hier werden nicht nur bestehende Ressourcen
genutzt, sondern auch neue Ansätze für Landwirtschaft
in der Stadt erarbeitet, bei denen Ökologie und Wirtschaftlichkeit
mitgedacht werden", sagte Aigner. "Urban Farming"-Projekte
sind weltweit auf dem Vormarsch. Die Ausprägungen reichen
vom gemeinschaftlichen Gärtnern auf entsiegelten Flächen
bis hin zur Entwicklung revolutionärer Modelle zur Selbstversorgung
großer Metropolen in Industrie- oder Schwellenländern.
"Urban Farming ist eine beeindruckende Idee. Die Menschen
bekommen wieder einen Bezug zur Landwirtschaft - sie sehen,
wo ihre Lebensmittel herkommen und wie viel Arbeit und Energie
darin steckt", sagte Aigner. Nach aktuellen Schätzungen
der Welternährungsorganisation FAO muss die Agrarproduktion
in den nächsten 40 Jahren um 60 Prozent gesteigert werden,
um die wachsende Weltbevölkerung versorgen zu können.
"Dazu ist es einerseits wichtig, die Lebensmittelverschwendung
zu reduzieren. Gleichzeitig muss aber andererseits gerade
in Entwicklungs- und Schwellenländern jeder Hektar Land
genutzt werden. Deshalb sind innovative Lösungen besonders
zur Versorgung von Großstädten wichtig", sagte
Aigner. "Auch wenn Hochhausgärten nicht die Welt
ernähren können, tragen sie zu einem Bewusstseinswandel
und einem verantwortungsvolleren Umgang mit Lebensmitteln
und Ressourcen bei." Gärtnern liegt im Trend wie
seit Jahren nicht und erobert damit die Städte: Der Duft
nach Erde und Humus verführt Großstädter reihenweise
in Gärten, auf Balkone, in die grünen Hinterhöfe.
Das gemeinschaftliche Buddeln in Bioerde lässt nicht
nur Gemüse, sondern auch Gemeinschaftssinn und Sozialkompetenz
wachsen. Urban Farming ist aus dem Stadtbild zahlreicher Großstädte
nicht wegzudenken und weltweit längst auf dem Vormarsch.
Urbane Gärten begrünen Stadtviertel, verbessern
die Luftqualität, verwandeln Brachflächen in Gärten,
tragen zu Kultur, Bildung und Verständigung bei und bieten
Raum für Engagement und Beteiligung.
Im April startete die vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung geförderte Kampagne des
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)
e. V. und der Humboldt-Universität zu Berlin (HUB) "Urban
Gardening 2.0". Im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2012
"Zukunftsprojekt Erde" zeigen Wissenschaftler und
aktive Stadtgärtner am Beispiel des Urban Farming, wie
aktuell zur Nachhaltigkeit geforscht wird. "Forschen
heißt Fragen. Und Forschen zur Nachhaltigkeit heißt,
dass nicht nur Wissenschaftler die Fragen stellen, sondern
auch diejenigen, die direkt beteiligt sind, mit ihren jeweils
unterschiedlichen Interessen und Potenzialen.", erklärt
Projektleiter Dr. Armin Werner (ZALF). "Dieses Aushandeln
ist das Besondere an der Nachhaltigkeitsforschung."
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